WALDEMAR DRAS
Königin des sandes
Ein hauch feuchtigkeit wälzt den letzten tropfen
Des abends auf die höhe der knie: worte
Die nicht fallen, betonen das leben
Das es nicht gab. Schlangen verschwinden.
Ein atemzug nur: wie ein stern erhebt sich
Der kuß auf dem hintergrund der wolken wüste.
Der sonnenuntergang färbt nicht, was bleibt
Längs der wellen - die ruine des meeres fängt das letzte
Schiff auf, welches hier schwimmen könnte. Die königin
des sandes verachtet die zukunft. Hört zu. Stirbt.
Das verlangen
Das verlangen des meeres ist es, das festland
Fortzustoßen und die insel einzuverleiben - es spendet
Feuchtigkeit, salbt die unbeweglichen stirnen,
Ordnet die hände um die masten. Das
Verlangen der nacht ist es, den regen zu begreifen, damit sie
Die wir lieben, morgens nicht aus vereisten brunnen
Trinken müssen. Das verlangen
Des blickes ist es, ihn gefangenzusetzen in ihrem gesicht und
Die sanften kometen ihrer lächeln zu träumen.
Nachdichtung: Dieter Kalka
Der Lubliner Dichter Waldemar Dras gehört zu den tragischen Poeten. Nur starb er nicht durch Selbstmord, sondern nach einer plötzlichen Krankheit. In seinen Texten glaubte ich die Konflikte, die ihn beherrschten, herauszulesen, als ich die Gedichte übersetzte. Im Poetischen Theater Leipzig widmeten wir ihm und Rafal Wojaczek einen Abend. der introvertierte, sensible Dras ist das Gegenteil des Bürgerschrecks Wojaczek.
Mehr über die Lubliner Dichterszene habe ich in meinem Essay "Lublin - das Tor zum Osten" geschrieben.