Religionen

Prozentuale/ absolute Angaben

(Römisch-)Katholisch: 89,8 % (35 Mio.)

Orthodox: 1,4 % (545200)

Protestantisch: 0,4 % (152.600)

Zeugen Jehovas: 0,31 % (122.00)

Fernöstliche Bekenntnisse: 0,015 % (6.000)

Mohammedaner: 0,01 %, (5.200)

Jüdisch: 0.0036 %, (1.400)

Sonstige: 0,02 %, (11.000)

 

Katholische Kirche

Obwohl laut geltender Verfassung alle Kirchen und Religionsgruppen in Polen gleichgestellt sind, gibt es eine Religion, die gleicher ist als andere.

Polen war nach der Christianisierung im Jahre 966 die östlichste lateinische Glaubensfestung in Europa. Und somit der religiöse Limes gegenüber den byzantinisch orientierten Christen in den Nachbarländern Ukraine und Rußland. Selbst während der beiden Teilungen, als Polen von seinen östlichen und (süd)westlichen Nachbarn besetzt wurde, änderte sich in dieser Frage nichts. Da es keinen polnischen Staat mehr gab, übernahmen die Institution Kirche sowie polnische Künstler (vor allem Schriftsteller und Dichter wie Kraszewski und Mieckiewicz - meist aus dem Exil) die Funktion, den Bürgern polnischer Nationalität wenigstens eine geistige Heimat zu geben und ein Nationalgefühl zu bewahren bzw. zu entwickeln.

Obwohl im russisch besetzten Teil viele orthodoxe Gotteshäuser als Demonstration der Besatzungsmacht erbaut wurden, konnte sich nach der Selbstständigkeit Polens diese Religion kaum halten. Die Gebäude wurden nicht selten wieder entfernt.

Während der nationalsozialistischen Besatzung verstärkte sich der Trend, daß die katholische Kirche Hüter der nationalen Einheit war. Die Stellung der Kirche mußte nicht zuletzt durch die geschickte Politik der polnischen Bischöfe, die immer auch nationale Interessen vertraten und daher in der Bevölkerung einen großen Rückhalt hatten, auch während der kommunistischen Staatsmacht akzeptiert werden. Laut dem Lubliner Manifest von 1944 garantierte die erste polnische Nachkriegsregierung unter Führung der Kommunisten erst einmal die Rechte der Kirche und die Gewissensfreiheit, um sie in den 50er Jahren wieder zu beschneiden.

Daß diese samaritischen Mühen die katholische Kirche nicht immer nur Selbstzweck und reine Nächstenliebe darstellten, kann man am gegenwärtigen Machtanspruch der religiösen Führer dieser Glaubensrichtung erkennen. Dazu gehört der Missionierungseifer des Papstes, der immer wieder vor allem gegen Abtreibung und Pille zu Felde zog (1993 wurde daraufhin das Abtreibungsverbot in Polen wieder eingeführt. Ein Referendum wurde abgelehnt, obwohl oder weil die Mehrheit der polnischen Bevölkerung dagegen war. Die Abwahl der Regierung und die Wahl Kwasniewskis als Präsident kann man durchaus als Gegenreaktion darauf verstehen) ebenso wie die regelmäßig versuchte Einmischung polnischer Bischöfe in das "weltliche Leben" wie der Versuch, die Pressefreiheit einzuschränken. Daß Passagen wie "christliche" Werte in der Verfassung verankert sind, daß die Trennung von Staat und Kirche faktisch aufgehoben ist, daß in den Schulen von den Priestern Religionsunterricht durchgeführt wird, gehört zu den Nebeneffekten. Vor allem auch um profan weltliche Dinge wie steuerliche Privilegien und Eigentumsrückerstattungen kämpft das christliche Imperium.

Daß sich die katholische Kirche in Wahlkämpfe einmischt, ist seit 1990 schon Tradition. Ob offen, wie zu den Präsidentschaftswahlen 1990, als die polnischen Bischöfe ihren Schäfchen den "echten Polen" (weil konservativen Katholiken) Lech Walêsa empfahlen (gegen den "offenen" Katholiken Mazowiecki) oder zur Parlamentswahl, als sie ihr eigenes Versprechen, sich aus parteipolitischen Fragen herauszuhalten, brachen, und 5 wählbare Parteien empfahlen, oder in ihren "Hirtenbriefen" vor der Präsidentschaftswahl 1995, in denen die Ablehnung des sozialdemokratischen Kandidaten Kwaœniewski durchaus herauszuhören war. Ganz abgesehen von den katholischen Medien, allen voran des Kirchensenders Radio Maria, der dem Gebot "Du sollst kein falsches Zeugnis geben" anscheinend nicht verpflichtet ist, mit entgleisenden Äußerungen über Kwaœniewski.

Evangelisch-ausgburgische Kirche als Beispiel einer Minderheitenkirche

Vor allem aus dem Grund, daß die Protestanten der evangelisch-augsburgischen Kirche in den letzten Jahrhunderten mit Bürgern deutscher Nationalität gleichgesetzt wurden, möchte ich kurz auf diese Kirche eingehen. Nach der Reformation wurde der Protestantismus in Schlesien übernommen, ebenso auch vom polnischen Adel. Durch ihre Mehrheit im Parlament konnten die Protestanten daraufhin in 16. Jahrhundert die Gleichberechtigung der Konfessionen durchsetzen, jedoch wurde dies durch die Gegenreformation beschnitten, so daß es den Protestanten bis ins 18. Jahrhundert nicht einmal erlaubt wurde, Kirchen zu errichten. Durch das Vorurteil Protestant = Deutscher kam die Kirche in Zwiespälte, verfolgte gar eine Polonisierung, weswegen sie von den Nazis besonders dezimiert wurde.

In der Nachkriegszeit wurde sie, da die Katholische Kirche in Polen von Ökumene nichts hält, in die Rolle einer nicht-polnischen Minderheitenkirche gedrängt.

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